Kleines gelbes Mauerstück

von Wolfang Ihle, 2021

Die Anregung zu diesem monochromen Bild entstammt der Lektüre von Marcel Proust‘s 5. Band „Die Gefangene“ aus seinem Gesamtwerk „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“.

Öl auf Leinwand, 100x80 cm, 2015

Der ältergewordene und kranke Schriftsteller Bergotte ist noch einmal ins Museum gegangen, um ein Bild vom verehrten Jan Vermeer, die „Ansicht von Delft“, sehen zu können. Er findet dieses Mal beim Intensiven Schauen ein kleines gelbes Mauerstück, an das er sich nicht mehr erinnern kann. „So hätte ich schreiben sollen“, sagt er zu sich und meinte damit, dass er so wie bei diesem Bild- viele Farbschichten übereinander gelegt - seine Bücher hätte vielgründiger werden lassen sollen. Kurz danach stirbt Bergotte noch im Raum des Museums.

Proust hat diese Stelle im Buch verwendet, um auf seine literarische Arbeitsweise hinzuweisen, in dem er vieles in seinem Leben Wahrgenommene in Form von Erinnerungen in seinem Romanzyklus lebendig werden ließ. Für Bergotte zeigt sich das kleine Gelb als vielschichtig bildnerische Aussage. Und eine solche erkennt er nun als Mangel seiner geschriebenen Werke.

Für den Autoren Marcel Proust bedeutet dieses kleine gelbe Mauerstück einen Hinweis auf den Stil eines Schriftstellers im Vergleich mit der Arbeit eines Malers, die beide nicht eine Frage der Technik sind, sondern der Anschauung. Das vielschichtige monochrome Gelb enthält die Aussagekraft, die auch ein literarisches Werk besitzen sollte.

Monochromie. Die Farbe Gelb. Die Farbe einer Wand. Spuren einer Zeitdauer. Ausdruck einer Geschichte. Erinnerungen.

Monochrome Malerei VIII

von Wolfang Ihle, März 2022

Unser Denken ist ein Sehen des Gedachten. Der um uns sich befindende Raum zeigt die vorhandenen Dinge, lässt Geräusche hören und Bewegungen und Ausdrücke wahrnehmen. Wie wir sie wahrnehmen, ist immer eine persönliche Sache und wird von jedem selbst im Laufe des Lebens gestaltet.

Die Gedanken unserer letzten Jahrzehnte, die Bildern einen Weg über das nur materiell Gesehene weit hinaus eröffnet haben, bedeuten eine Sichtänderung und eine Weiterentwicklung malerischen Schaffens vom Gegenständlichen weg zur Verallgemeinerung, zur Abstraktion bis hin zur Entfernung alles im Hier gegebenen auf einem geistigen Weg zur Transzendenz.

Ein monochromes Bild, das wie alle anderen Bilder auf handwerkliche Weise in einem malerischen Prozess entstanden ist, ist zunächst nur das Gegebene selbst: eine Farbe in ihrer eigenen Wirkung ohne Bezug auf irgend etwas Bestimmtes. Zunächst also etwas materiell Geschaffenes. Die dem Bild mitgegebene Energie wird dann erkennbar, wenn denkende Prozesse eine Verbindung der Farbe mit der Welt eröffnen. Da dem Betrachter jegliche gegenständlichen Hinweise in Richtung eines eigenen Erkennens oder Findens nicht gegeben sind, bleibt nur der Farbeindruck selbst zunächst übrig.

Eine Farbwirkung. Ein Farbklang.

Unser Sehen als organischer Prozess reicht nicht mehr aus; es ist gleichzeitig ein Denkprozess gefordert, der der Wirkung der Farbe beim Betrachter einen Weg eröffnet, über ihre Oberfläche in eine tiefere Anschauung zu gelangen. Ein Schauen auf den Pfaden des Vorhandenen und gleichzeitig auch ein Erahnen von Gegebenheiten einer anders gelebten Erfahrungswelt. Auf diese Weise wird ein monochromes Bild zur Brücke von Dinglichem zum Vorstellbaren.

Unser Dasein im Hier bedeutet immer ein Wahrnehmen all dessen, was wir als großen Reichtum unserer gewordenen Welt erkennen. Es ist aber auch immer ein Überstieg des noch nie Wahrgenommenen als Bereicherung unserer gedanklichen Möglichkeiten.

Ein humorvoller Blick

aus einer kleinen Vergangenheit über den Jetztzustand in eine mögliche und vielleicht sogar gewünschte Zukunft:

Ein lustvoll barockes „Gestreite“ ……….

……… zwischen einstmaligen Kunstfreunden und -freundinnen in jenseits paradiesischen Gefilden. Freudvoll immer noch malend und konkurrierend.

Jedem, der es bis zu diesem Bereich meiner neuen Homepage geschafft hat, geduldig und interessiert die eigene Gedankenwelt in meine Vorstellungen eintauchen zu lassen, möchte ich mich herzlich bedanken. Der Dank gilt dem kleinen Moment einer Begegnung zweier irdischer Gedankenschübe.

Wolfgang Ihle, 9/2023